Über Geld spricht man nicht – man hat es! Diese Redewendung haben die meisten Deutschen offenbar verinnerlicht. Denn in der Familie, im Freundeskreis und unter Kollegen bleiben die eigenen Finanzen ein Tabuthema. Wir erklären die Hintergründe und zeigen, wie man zum Beispiel in den USA mit diesem Thema umgeht.
Mit Kollegen auf der Weihnachtsfeier ganz entspannt über die letzte Gehaltserhöhung reden oder sich mit Freunden über die Konditionen der eigenen Baufinanzierung unterhalten – für die meisten von uns sind solche Gespräche undenkbar. Nirgendwo sonst auf der Welt wird so wenig über Geld gesprochen wie in Deutschland. Das bestätigt eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsunternehmens Kantar.
Laut der Studie im Auftrag der Postbank ist Geld für 70 Prozent der Deutschen ein absolutes Tabuthema – über alle Geschlechter- und Bildungsgrenzen hinweg. Männer (63 Prozent) und Frauen (64 Prozent) zeigen sich gleichermaßen zugeknöpft. Menschen mit Volks- oder Hauptschulabschluss neigen zwar eher dazu, finanzielle Dinge für sich zu behalten – laut Studie gilt das in dieser Gruppe für 65 Prozent. Befragte mit Abitur oder Universitätsabschluss zeigen sich mit 57 Prozent allerdings nur ein wenig offener.
Neidkultur verursacht Schweigen
Interessant: Für die Mehrheit der Deutschen ist nicht nur das Thema Geld tabu, sondern auch der eigene wirtschaftliche Erfolg wird eher verschwiegen. 39 Prozent der Befragten bezeichnen sich als finanziell erfolgreich, behalten das aber lieber für sich. Nur knapp 6 Prozent machen aus ihrem guten Händchen in Finanzangelegenheiten kein Geheimnis.
Der Psychologe und Buchautor Dr. Wolfgang Krüger stellt dazu nüchtern fest: „Deutschland ist eines der neidischsten Länder der Welt. Die Menschen haben Angst vor dem Neid der anderen, wenn sie finanziell erfolgreich sind.“ Grund für diese „Neidkultur“ ist laut dem Experten ein Anspruch auf Gleichheit und Gerechtigkeit. Mehr zu verdienen als der Nachbar und das auch noch nach außen zu zeigen, gilt hierzulande fast schon als unanständig.
Finanzieller Erfolg kann andere motivieren
Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick über den Atlantik. In den USA sehen sich die Menschen durch den wirtschaftlichen Erfolg der anderen motiviert. Dort ist eher die Einstellung verbreitet, dass jeder selbst seines Glückes Schmied ist und prinzipiell die Chance hat, „vom Tellerwäscher zum Millionär“ aufzusteigen. Und dann spricht man auch gern über seinen Erfolg.
Anders sieht es in Deutschland bei jüngeren Menschen aus. Diese Gruppe redet überdurchschnittlich häufig über ihre Finanzangelegenheiten, wenn es gut für sie läuft. 11 Prozent der unter 30-Jährigen sprechen darüber auch in der Öffentlichkeit – doppelt so viele wie der Durchschnitt.
Unser Tipp:
Auch wenn Sie vielleicht zu denjenigen gehören, die nicht offen über Geld sprechen möchten – ein vertrauensvolles Gespräch mit Ihrem Berater rund um Ihre Finanzen kann sich dennoch lohnen. Denn auf Expertenwissen sollte man gerade bei diesem Thema nicht verzichten.