Mehr als 20 Prozent der neu errichteten Einfamilienhäuser in Deutschland verwenden überwiegend Holz als Baumaterial – Tendenz steigend. Grund genug, sich den Wunderwerkstoff aus dem Wald mal genauer anzuschauen!

Holzhäuser sind Helden des Klimaschutzes. „Um eine Tonne Holz zu produzieren, entziehen Bäume der Atmosphäre rund 1,9 Tonnen Klima schädigendes Kohlendioxid und speichern 500 Kilogramm Kohlenstoff“, so der Informationsdienst Holz. „Wenn das Holz genutzt wird, insbesondere auch als Bauholz, wird dieser im Holz gespeicherte Kohlenstoff und damit das entsprechende CO2-Äquivalent während der Nutzungsdauer des Holzes der Atmosphäre entzogen.“

Zudem sind Holzhäuser ein starkes Stück Kulturgeschichte. Sie begleiten uns Menschen vor allem in den waldreichen Gebieten der Nordhalbkugel seit Jahrtausenden und sind etwa in Skandinavien, aber auch in Japan oder Nordamerika traditionell stark verbreitet.

Keine Angst vor Feuer!

Zwischenzeitlich haben sich allerdings einige Vorurteile gegen den Baustoff Holz gebildet – nicht zuletzt im Backsteinparadies Norddeutschland. Der klassische Einwand kommt sozusagen aus der Streichholzperspektive: Holz brennt schneller als Stein, Stahl, Beton usw. Aber das stimmt nicht. Holz brennt sehr langsam und berechenbar. Um den Feuerwiderstand und die Stabilität des Hauses zu verlängern, sind tragende Elemente besonders dick. Zudem schützt die Holzkohleschicht an der Oberfläche das darunterliegende Holz, denn sie leitet die Wärme weit schlechter als Holz und verzögert so dessen weiteres Abbrennen. Entsprechend ist die Versicherung eines modernen Einfamilienhauses aus Holz nicht notwendig teurer als die eines Eigenheims in anderer Bauweise.

Keine Sorge vor Schädlingen!

Ein weiteres Vorurteil zielt auf die Feuchteempfindlichkeit des organischen Baustoffs: Holz ist ein Hort für Schädlinge. Auch das stimmt nicht. Zum einen wird hochwertigem Bauholz heutzutage in speziellen Trocknungskammern die Feuchte und Schädlingen damit der Nährboden entzogen. Dazu kommen konstruktive Maßnahmen gegen eindringende Feuchtigkeit – etwa durch genügend Abstand offener Holzteile zum Erdboden, um die Wände vor Spritzwasser zu schützen. Nur wenn all diese Maßnahmen nicht reichen, kommt Chemie zum Einsatz, um Insekten oder Pilze abzuhalten. Der Außenanstrich einer Holzfassade dient – wie bei Putzfassaden von Steinbauten – in der Regel vor allem der Kosmetik.


„Bei zahlreichen Ökobilanzen stehen Holzgebäude besser da“

Wir haben einen Experten nach den Vorteilen des Holzbaus gefragt. Dr. Ernst Kürsten ist Projektleiter beim 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e.V.

Holz gilt als besonders umweltfreundlicher Baustoff. Wo liegen die Pluspunkte gegenüber Beton, Kalksandstein oder Ziegel?

Dr. Ernst Kürsten: Besonders punkten Holzkonstruktionen bei Dachgeschossausbauten und Aufstockungen, denn sie wiegen weniger. Auch die kürzere Bauzeit dank guter Vorfertigungsmöglichkeiten spricht für den Holzbau – gerade in Innenstadtbereichen, wo Baustellen sehr „stören“. Und bei zahlreichen Ökobilanzen stehen Holzgebäude besser da als vergleichbare mineralisch konstruierte Häuser.

Was heißt das konkret?

Dr. Ernst Kürsten: Beton und Zement verbrauchen nicht nur viel Energie für ihre Herstellung, sondern bei der Zementproduktion wird auch rein chemisch CO2 freigesetzt. Zudem ist Sand kein nachwachsender Baustoff und vielerorts bereits knapp. Allerdings braucht man auch für Holzhäuser meist ein Betonfundament.

Wie lässt sich Holz im Neubau am besten einsetzen?

Dr. Ernst Kürsten: Überall, wo es auf hohe Tragfähigkeit bei geringem Gewicht und guter Wärmedämmung ankommt. Aber es sollten sparsame Holzständerbauweisen gewählt werden, die weniger Holz verbrauchen als die moderne Bauweise mit Brettsperrholz. Denn klar ist: Die heimische Holzversorgung wird in ca. 20 bis 30 Jahren ebenfalls knapp werden, da dann der große „Fichtenberg“ aus den Nachkriegsaufforstungen durch Schäden und Erntemaßnahmen abgebaut sein wird.

Wie lässt sich Holz bei Umbauten und Modernisierungen am besten einsetzen?

Dr. Ernst Kürsten: Es gibt Bauelemente mit vormontierter Dämmung und Fenstern, die sich schnell vor die vorhandenen Wände setzen lassen. Das bedeutet: Die Bewohner brauchen bei der Modernisierung nicht auszuziehen. Mit leichten hölzernen Fertigelementen lassen sich auch Dachgeschossausbauten oder Anbauten schnell fertigstellen.

Stichwort Graue Energie – wann lohnt es sich, ein konventionell gebautes altes Haus abzureißen und durch ein neues Holzhaus zu ersetzen?

Dr. Ernst Kürsten: Wegen der Rohstoff- und Energieeffizienz sollte man Altbauten grundsätzlich erhalten und gegebenenfalls um- oder anbauen. Es gibt auch Beispiele, wo ein Holzhaus in die steinerne Hülle eines Altbaus gesetzt wurde. Auch wenn es manchmal „unwirtschaftlich“ sein sollte: Es wäre gut, wenn Architekten ihren Ehrgeiz dareinsetzen, vorhandene Substanz – soweit von der Raumaufteilung her möglich – weiterzuverwenden! 

Sind unsere Wälder angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel für den Holzbau-Boom gerüstet?

Dr. Ernst Kürsten: Wie gesagt: Die Vorräte an nutzbarem „klassischem“ Fichtenbauholz gehen spätestens in ca. 30 Jahren zurück. Aktuell ist der Einschlag wegen der Schäden durch den Klimawandel historisch hoch. Es gibt noch ungenutzte Holzreserven bei Kiefern und Laubholz, für deren bauliche Verwertung immer neue technische Möglichkeiten entwickelt werden.

Könnten wir nicht Holz aus anderen Ländern importieren?

Dr. Ernst Kürsten: Verstärkte Importe aus der nachhaltigen Holzproduktion anderer Länder sind nur begrenzt vorstellbar, da weltweit immer mehr mit Holz gebaut wird. In manchen Ländern – zum Beispiel in Japan oder im Iran – spricht neben den ökologischen und bautechnischen Vorteilen auch die bessere Erdbebensicherheit für das Bauen mit Holz.


Mehr Infos

Das Zimmererhandwerk trommelt auf der Website „Holz kann!“ für Bauen mit Holz. Dort finden Sie auch Zimmermeister aus Ihrer Region. Die Kontaktdaten von Architekten in Ihrer Nähe erhalten Sie bei den Architektenkammern Niedersachsen, Bremen und Nordrhein-Westfalen. Fertighäuser auch für die Bauweisen Holzfertigbau und Blockhaus stellt das Online-Portal Wohnglück vor.

Beitragsbilder: iStock | Urheber: dancestrokes; 3N Kompetenzzentrum